Nach der Teilnahme am Race across the Alps nahm Sebastian Mayr Mitte August an der nächsten Herausforderung im Ultracycling teil. Beim Race around Austria ging er auf der kürzest möglichen Distanz von 560 km & 7.000 hm in der Solowertung an den Start.
Die Veranstaltung mit Start und Ziel in St. Gerogen im Attergau bietet den Ausdauersportlern auch Streckenlängen von 1.500 km und 2.200 km. In diesem Fall wird dann tatsächlich die gesamte Republik befahren. Die 560 km Strecke orientiert sich hingegen grob an den Außengrenzen von Oberösterreich. Möglich ist der Start im Solo, zu zweit oder zu viert. Das Rennen wird als Einzelzeitfahren mit absoluten Windschattenverbot durchgeführt. Das strenge Reglement (z.B. tatsächlicher Stillstand an jedem Stoppschild oder dauerhafte Begleitung des vorgeschrieben Begleitfahrzeugs in der Nacht) wird – sofern möglich – durch Beobachter an der Strecke rigoros kontrolliert. Im Vergleich zum Race Across the Alps ist das Race across Austria zwar etwas länger, die Fahrzeit aufgrund der Topographie aber trotzdem deutlich geringer. So sind nur knapp die Hälfte der Höhenmeter (7.000 statt 14.000) zu überwinden und es stellen sich auch keine hohen Passübergänge in den Weg der Teilnehmer. Der höchste Punkt des Race across Austria liegt nur knapp 1.000 m über dem Meer. Dies erleichtert auch die Organisation rund um das Rennen, da bezüglich des Materials (Rad, Klamotten, Nässe-/Kälteschutz) weniger Bandbreite nötig ist.
Im Rennen über die 560 km gingen insgesamt circa 35 FahrerInnen an den Start. Sebastian wurde wieder von mittlerweile sehr erfahrenen Begleitern im Auto supportet: Sein Vater und sein ehemaliger Hochschulprofessor waren auch schon beim Race across the Alps im Begleitteam dabei. So konnten auch einige Abläufe schon verbessert werden, was sich in einer stark verringerten Standzeit niederschlug. Auch insgesamt ist die Begleitung der Fahrer bei Race across Austria angenehmer, da die Geschwindigkeit im Schnitt deutlich höher ist. Für die mittlerweile erprobten Begleiter also sehr entspannte Arbeitsbedingungen.
Materialseitig konnte die Strecke grob in drei Abschnitte eingeteilt werden. Der ersten und letzten Kilometer sind eher flach, sodass diese planmäßig mit einem normalen Aero-Straßenrad bewältigt werden sollten. Für den mittlere, hügeligere Nachtteil sollte aufs leichtere Bergrad gewechselt werden. Das geplante Pacing wurde dann zu Beginn – wie bei Radsportlern üblich – gekonnt ignoriert. Aufgrund guter Bedingungen und der Anfangseuphorie konnte der erste Streckenteil mit einem Schnitt von knapp 39 km/h zurückgelegt werden (anstatt geplanter 33,5 km/h). Ob für diese Anstrengung später noch eine Quittung kommen würde, war zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Mit Beginn des Nachtbetriebs um 20 Uhr ordnete sich das Pace-Car ordnungsgemäß hinter Sebastian ein und wich bis 6.30 Uhr morgens nicht mehr von seiner Seite. Während des gesamten Rennens wurden die Fahrer von immer wieder am Straßenrand stehenden Zuschauertrauben angefeuert. Trotz unchristlicher Zeiten mitten in der Nacht ließen sich die Radsportbegeisterten es sich nicht nehmen am Straßenrand zu grillen und die Nacht zu genießen. Wahnsinn!
Sportlich verlief die Nacht bis auf einen Beinahe-Wildunfall und einige kleinere Magenprobleme recht problemlos. Lediglich die Temperaturen, welche bis auf 6 Grad fielen so wie kleine Navigationsprobleme in Steyr – immerhin die drittgrößte Stadt Oberösterreichs – führten zu minimalen Zeitverlusten. Durch die Nacht hindurch zeichnete sich dann so langsam das persönliche Duell des Rennens für Sebastian ab. Ein ähnlich starker Fahrer und er überholten sich immer wieder gegenseitig. Während das Zeitfahrrad des Konkurrenten in der Ebene ein Vorteil im Vergleich zum normalen Straßenrad darstellte, war an Steigungen Sebastian leicht im Vorteil. Besonders interessant für beide Fahrer war der Zweikampf, da es recht offensichtlich um den letzten verbliebenen Platz auf dem Treppchen ging. Der jeweils Führende der beiden lag auf Platz drei. Nach einem Hin und Her mit einigen gegenseitigen Überholmanövern in der Nacht und den frühen Morgenstunden stand der Entschluss mit gebührendem Abstand (Windschattenverbot!) bis zum letzten Berg hinter dem Konkurrenten zu bleiben und dann am Anstieg eine Entscheidung herbeizuführen. Dies erforderte zwar einiges an Disziplin, funktionierte aber schlussendlich sehr gut. Besagter Anstieg war der Hengstberg mit circa 4-5 % Steigung im Schnitt. Da der aufopferungsvoll kämpfende Mitstreiter nicht mehr die besten Beine hatte – nach 400 Rennkilometern völlig nachvollziehbar, war es an der Zeit in die Offensive zu gehen. Die Lücke ging recht schnell auf und vergrößerte sich bis zum Scheitelpunkt immer weiter. Der Vorsprung war dann groß genug um nicht mehr in Gefahr zu geraten durch den Vorteil des Zeitfahrrads im Flachen. Durch die gute Leistung am Berg war auch Platz 2 nicht mehr unerreichbar, aber aufgrund des jetzt bis ins Ziel flachen Terrains wäre der Aufwand zur Schließung der Lücke sehr groß und riskant gewesen – es lauerte noch immer die Gefahr eines kompletten Einbruchs.
So konnte Sebastian entspannt den 3. Platz nach Hause fahren und war im Ziel mit der eigenen Leistung sehr zufrieden. Mit einer Gesamtzeit von 18 h 38 min war er wie erwartet wesentlich kürzer unterwegs als beim Race across the Alps. Auch die Standzeit von nur 36 min lässt sich zwar noch verbessern, war aber eine große Verbesserung im Vergleich zum letzten Event. Inklusive der Pausenzeiten entspricht das einem Schnitt von knapp über 30 km/h – und das auf 560 km mit 7.000 hm im Solo! Eine absolut respektable Leistung, zu der wohl die wenigsten Radsportler in der Lage sind.
Für die Zukunft bleibt die Erkenntnis, dass bei tendenziell flachen Rennen auch auf der Ultradistanz der Einsatz aerodynamischen Materials in diesem Leistungsbereich sinnvoll ist und auch von den meisten Teilnehmern praktiziert wird. Ein normales Straßenrad ohne Einteiler und Zeitfahrausstattung ist schon eher exotisch gewesen. Sofern im Begleitteam die Bereitschaft besteht, sind im nächsten Jahr drei Rennen geplant, wobei eines davon auch deutlich mehr km haben könnte als die in diesem Jahr absolvierten Herausforderungen.